Kapitel 1-4
"Digimon
sind lebendig", hatte Ryussenji gesagt.
"---Nun, es würde viel Spaß
machen, wenn Digimon wirklich am Leben wären!", sagte Eiji. "Es
gibt Fanatiker da draußen, die Digimon wie digitale Haustiere
halten, und dann gibt es Sammler wie dich. Aber für Code Cracker wie
mich, sind Digimon eher… ein nützliches Werkzeug."
Für Eiji sind Digimon wertvolle Tools
für die Arbeit. Er bevorzugt Tyrannomon, welches relativ häufige in
der digitalen Welt gefangen wird, was bedeutete, dass sie oft über
GriMM gehandelt werden.
"Hmm."
"Also, wann und wo wirst du
dieses Digimon Land-Ding eröffnen?"
"Es wurde endgültig
eingestellt." Ryusenji seufzte enttäuscht.
"Ohje."
"Realistisch gesehen, war es
schwer umzusetzen. Deshalb bleibt die digitale Welt ein Geheimnis für
die Menschheit."
Mit Ryusenjis Worten blickte Eiji auf
die Bilder des Flugzeugabsturzes zurück, welchen er gerade gesehen
hatte.
"Ja, ich denke schon, da es da
draußen Menschen gibt, die Digimon für Verbrechen benutzen. Leute
im selben Geschäft wie ich… Obwohl sie eher von der bösen Sorte
sind."
Während sich Code Cracker im
Allgemeinen in der Grauzone bewegen, gibt es sogar einige unter
ihnen, die nicht völlig moralisch berechenbar sind… und einige,
die waren es.
Es gab einige, die grau, aber fast
weiß waren. Dann gab es diejenigen, die grau, aber fast schwarz
waren. Einige von ihnen waren gar nicht so schlimm, wenn man einmal
mit ihnen gesprochen hat, während andere wirklich verrückt, oder
glatte Kriminelle oder der Feind der ganzen Menschheit waren.
Wie auch immer—
Netzwerkausfälle,
Informationsdiebstahl durch unbefugten Zugriff und Cyberterrorismus
sind in den letzten Jahren hier und da häufig aufgetreten, und
Digimon hatten, tatsächlich viel damit zu tun. Wie das, was Eiji in
diesem Video gesehen hatte, gab es tatsächlich einen Vorfall, bei
dem ein Terrorist ein Digimon benutzte, um ein Flugzeug zum Absturz
zu bringen.
Diese Informationen wurden natürlich
nicht veröffentlicht.
Die breite Öffentlichkeit wusste
nichts über Digimon oder der digitalen Welt. Weltführer und
internationale Organisationen vertuschten schnell ihre Existenz.
Außerdem wäre es ein zu großer
Skandal, wenn die Charaktere eines Themenparks von Kriminellen für
Cyberterror missbraucht würden. Allein die Vorstellung.
"Wenn die Öffentlichkeit etwas
über die digitale Welt und Digimon erfahren würde, würde dies dazu
führen, dass der ganzen Welt die Existenz von Digimon-Verbrechen
enthüllt wird", sagte Ryusenji. "Was denkst du, würde
passieren, wenn wir das tun?"
"Massenchaos."
"Exakt."
Die Medien würden sich wahrscheinlich
die sensationellen Überschriften für Clickbait einfallen lassen,
wie Digimon seien Eindringlinge aus einer anderen Welt oder so etwas.
Die einfachste und simpelste Schlussfolgerung, die aus einem solchen
emotionalen Zustand gezogen werden würde, wäre, dass die digitale
Welt und Digimon böse sind.
"Ein Großteil der Menschheit
kennt die digitale Welt noch nicht. Selbst wenn sie es täten, würden
sie es nicht verstehen."
Ryusenjis Worte klangen genial und
tiefgreifend, und sie waren für Eiji schwer zu verstehen.
"..."
"Sie würden nicht verstehen,
dass dort eine andere Welt jenseits des Netzwerks liegt, die sich von
unserer Welt unterscheidet... und dass Digimon tatsächlich leben..."
Selbst wenn sie davon wüssten, würden
sie es nicht verstehen.
"Professor Ryusenji…"
Eiji hatte das Gefühl, dass diese
Worte zu ihm als Code Cracker gerichtet worden waren – als jemand,
der Digimon für seinen Job in der digitalen Welt benutzte.
Digimon sind Lebewesen.
"Cracker Fang... Eiji-kun. Willst
du es nicht wissen? Über die reale Welt und der digitalen Welt...
die Wahrheit beiden Welten? Willst du nicht sehen, was auf der
anderen Seite liegt?"
"Nun... natürlich will ich!"
Eiji war sofort aufgeregt.
"---Ich meine, ich weiß nichts
darüber! Die digitale Welt ist für mich nichts anderes als die
Informationen auf dem Schwarz-Weiß-Bildschirm meines Digital Dock.
Aber die Welt, die Sie sehen… die Welt, die Sie gesehen haben,
Professor, sie ist anders, nicht wahr… wie das, was ich in diesem
Video gesehen habe –"
Das Meer aus Netzwerken, die reale und
die digitale Welt.
Und Einblicke in diese Welt, die
jenseits der atmosphärischen Störungen lag…
"Weißt du, warum dieses Video in
D4 streng geheim ist?", fragte Ryusenji. "Warum es vor der
Öffentlichkeit geheim gehalten wird?'"
"Weil", hatte Eiji einen
Einblick. "Es echt ist?!"
Es war kein gefälschtes Werbevideo,
sondern ein tatsächliches Video der digitalen Welt…?
"Ja… Das Video war durch unsere
Beobachtungsdaten und als Bilder der wahren digitalen Welt K.I.
generiert. Und die Digimon leben wirklich dort, in der digitalen
Welt. Es stellte sich heraus, dass die echten Außerirdischen aus
unserem digitalen Netzwerk kamen, nicht aus dem Weltraum."
Ryusenji sah Eiji in die Augen. Wovon
er sprach, war keine Metapher oder eine abstrakte Sichtweise der
Dinge.
"Digimon leben...!"
Eiji sah sich das hololisierte
ModokiBetamon an.
Es war lebendig.
Wenn das der Fall war, dann waren die
Tyrannomon, die er als Tools nutzt, auch am Leben…? Und all die
anderen Digimon?
"Um es aus erster Hand zu sehen",
sagte Ryusenji ernst. "Mit meinen eigenen Augen, die digitale
Welt und die Digimon in ihrem natürlichen Lebensraum. Die digitale
Welt direkt mit all meinen fünf menschlichen Sinnen zu sehen, und
nicht durch virtuelle Monitore oder Beobachtungsdaten.
Um die "Beschränkungen"
zwischen der realen Welt und der digitalen Welt zu durchbrechen.
Es so zu erleben, wie es wirklich ist.
Das ist es, was ich, Tomonori Ryusenji, der Erforschung meines Lebens
gewidmet habe. Alles, was ich tue, ist und wurde für D4 getan."
Die Datenübertragung von
ModokiBetamon war endlich abgeschlossen.
Ryusenji löste Eijis Digimon Dock vom
Gerät und nahm es in die Hand, um es sich anzuschauen.
"...Ah danke." Eiji streckte
seine Hand aus.
KNACK
Ryusenji warf das Digimon Dock
beiseite.
"Waaaaaaas?!"
Ohne Zeit, überrascht zu reagieren,
rutschte Eiji über den Boden und fing das Digimon Dock auf, bevor
es in den Mülleimer fiel.
"Was sollte das, Professor?!"
Er war so energisch nach vorne
gesprungen, dass er mit dem Gesicht direkt in den Mülleimer gelandet
ist.
Eiji hatte dieses Dock aus gebrauchten
Teilen gebaut. Obwohl es größtenteils Schrott war, kostete es ihn
trotzdem viel Geld.
"Es gab einen Fehler im
Speicher."
"Ernsthaft?!"
Ryusenji ist ein Digimon-Sammler, also
achtete er mehr als die meisten anderen auf den Zustand seiner Daten.
"Du solltest keine veraltete
Ausrüstung verwenden, besonders wenn du für mich arbeitest… Das
hat die Daten von ModokiBetamon fast zerstört."
"Trotzdem mussten Sie es nicht
wegwerfen… Freiberufliche Code Cracker schwimmen nicht gerade im
Geld wie große Unternehmen, Professor. Ich kann nicht alles aus
eigener Tasche bezahlen, eine Rechnung aufstellen oder all die
High-Spec-Ausrüstung nutzen, die hier ist, wann immer ich will.“
"Hmm."
"...Hallo?"
Eiji war verwirrt.
Ryusenjis Antwort war etwas seltsam.
Aber er war immerhin ein genialer Wissenschaftler des höchsten
Kalibers in Japan. Man könnte ihm verzeihen, dass er etwas
exzentrisch rüberkam.
"Ich entschuldige mich dafür.
Aber … Nun, das sorgt für das perfekte Timing. Strecke deinen Arm
aus."
" Hä?"
Eiji wusste nicht, wie das Timing
perfekt war, aber er tat, was ihm gesagt wurde.
Ryusenji befestigte etwas an Eijis
linkem Handgelenk.
Eiji... schluckte schwer.
"...!"
Wann hatte er so etwas zuletzt
gespürt?
Als seine Eltern ihm als Kind eine
neue Videospielkonsole gekauft hatten? Als er sein erstes Smartphone
bekommen hatte?
Nein, dies war tausendmal größer als
das…!
Er fühlte sich, als würde sich seine
ganze Welt erweitern, nur indem er dieses Ding trug.
"Es gehört dir."
Es war ein Armbanduhr-ähnliches
Gerät.
„Ist das… das hochmoderne Digimon
Dock von Abadin Electronics? Und ein Smartwatch-Typ?!
Eiji hatte Lust, auf und ab zu
springen und Rad zu schlagen.
Die Produkte von AE ließen sich
leicht in Digimon Docks modifizieren und sind daher unter Code
Crackern hoch angesehen. Und dies war ein echtes AE-Produkt. Da es
sich um Digimon handelte, war es ein Geschäftsgeheimnis.
novel_1-4_393zlrql.jpg
—
Ein
Digimon Linker.
"Dies ist der Prototyp eines
Produkts, an dem ich gearbeitet habe."
"Professor Ryusenji… das wusste
ich zwar bereits über Sie, aber Sie sind echt unglaublich!"
An Eijis Arm begann sich das
Armbanduhr Digimon Dock automatisch einzurichten.
"Nun, ich bin auch der technische
Direktor der Division Digimon Dock. Dieses Gerät verfügt über
einen biometrischen Vitalsensor und kann daher nur von Ihnen, der
Person, für die es registriert ist, verwendet werden."
"Oh! Also ist es für mich
gemacht worden!"
"Es hat einen Sensor der
medizinischen Geräteklasse, der Puls, Blutdruck, Atmung,
Körpertemperatur usw. aufzeichnet. Und es kommt mit einem
24-Stunden-medizinischen Support-System über unsere
Lebensunterstützung."
"Ich werde so gesund werden!",
antwortete Eiji begeistert.
"Es hat auch eine
Hololisierungsfunktion. Normalerweise ist die Hololisierung von
Digimon nur bei DDL und einigen anderen autorisierten Einrichtungen
erlaubt, aber... dies ist eine besondere Ausnahme."
Es war alles extra besonders,
besonders, besonders. Er wurde einer Sonderbehandlung unterzogen!
"Aber Sie geben mir den
Prototypen… Sind sie sicher? Irgendeinen Haken muss es doch geben."
"Ruhig. Das ist einfach ein
Geschenk von mir an dich."
"Oh wow!"
"Aber hier ist die Sache."
"Ja, ich wusste, dass es einen
Haken gibt! Ich fange an zu begreifen, was für ein Mensch Sie sind,
Professor!"
Während er das scherzhaft sagte,
hatte Eiji nicht die Absicht, sich von seinem Smartwatch Digimon
Dock zu trennen.
Er wollte es. Das Digimon Linker hatte
Funktionen, die ohne Übertreibung in einer anderen Liga – sogar
Ligen – von Eijis Do It Yourself Dock spielten.
"Ich möchte sehen, was Cracker
Fang bei diesem nächsten Job, den ich für Sie habe, damit machen
kann."
"Ich werde es tun."
"Nun, das war schnell. Gut gut.
Das gefällt mir an dir."
Ryusenji nahm Eijis Arm und drückte
einen Schalter auf einer Seite des Digimon Linker. Der Bildschirm
leuchtete schwach.
Eine mysteriöse Flamme schien vom
Bildschirm aus zu flackern.
—Loogamon. Rookie Level. Typ
Magisches Tier. Typus Virus.
Ein Digimon, das er noch nie zuvor
gesehen hatte, saß dort auf dem Farbbildschirm.
Eiji blinzelte.
"Ein Welpe... ein Hund?"
Nachdem Eiji den neuen Jobauftrag von
Professor Ryusenji erhalten hatte, ging Eiji alleine durch das Tor
und kehrte in die Lobby zurück.
"Durchbrechen Sie die Grenzen
zwischen der realen und der digitalen Welt, hm ...?"
Das hololisierte dreifarbige Objekt
befand sich wieder in der Mitte der Halle.
"Oh, hallo nochmal!" sprach
Hatsune an der Rezeption.
"Gebe ich meinen Pass hier
zurück?"
"Du kannst es hierhin legen.
Danke."
Eiji gab ihr seinen Pass zurück.
Hatsune bemerkte das Gerät an seinem Arm.
"…"
"Oh, das? Professor Ryusenji hat
es mir gegeben... Weißt du, was es ist? Es ist ein Digimon Dock."
Eiji zeigte Hatsune sein neues
Smartwatch-Gadget.
Hatsune sah sich schnell um und
flüsterte dann zurück: "Ist das nicht das neue, geheime
Modell?"
Sie schien über Firmengerüchte gut
informiert zu sein. Vielleicht war das ein Vorteil ihrer Position als
Rezeptionistin.
"Es ist allerdings ein Prototyp.
Ich mache nur einen Testlauf."
"Wow. Dass Professor Ryusenji
dich höchstpersönlich gebeten hat, es auszutesten? Er muss dir
wirklich vertrauen."
Hatsune schien wirklich überrascht zu
sein, anstatt ihn Honig um die Ohren zu schmieren.
"Hmm... ich frage mich. Ich
meine, denkst du wirklich?"
"Absolut! Ich meine, trotz seines
Aussehens ist Professor Ryusenji so…" Hatsune senkte die
Stimme. "Es kann ein bisschen schwierig sein, mit ihm zu
arbeiten."
"Oh ja, er ist ein Sonderling",
sagte Eiji und versuchte, nicht zu lachen. Hatsunes Einstellung ihm
gegenüber war völlig anders als zuvor, als er sie zum ersten Mal
sah. Aber das war keine schlechte Sache. "Wir sehen uns später."
"Oh, Nagasumi-san."
"Du kannst mich Eiji nennen."
"Dann… kannst du mich
Hatsune-chan oder Hatsune-cchi nennen, wie du willst! Also... zu
deinem Anmeldeformular. Mir ist aufgefallen, dass du keinen Beruf
angegeben hast! Wenn ich fragen darf, was soll ich da eintragen?"
Hatsune sah ihn erwartungsvoll an und
zappelte.
"Mein Beruf?"
Eiji dachte darüber nach.
Freiberufler zu sein... war nicht
gerade ein Beruf. Es bedeutete nur, dass er keinen festen Job hatte.
"--- Ich bin Eiji Nagasumi, ein
Code Cracker."
"Ähm..."
Hatsunes Reaktion war die
zweifelhafteste, die er den ganzen Tag über gesehen hatte.